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Fernwandern 10. Tag: Kinochleven-Fort William

Posted by clarice22 - Montag, 9. Mai 2011

Wir sind mutig, ignorieren die Schmerzen und beschließen zu laufen. 25 km.

Nach dem Frühstück gehen wir dann erst einmal 45 Minuten in die falsche Richtung und zurück. Ein toller Anfang für die längste Etappe unserer Wanderung.

Auf dem richtigen Weg müssen wir dann als erstes einen steilen Berg hoch. Oben angekommen geht es aber recht eben weiter. Der Weg führt längs durch ein hübsches Tal. Weil es immer wieder regnet und die Regenpausen nicht lang genug sind, damit wir halbwegs trocken werden, machen wir nur kurze Pausen und versuchen, zügig voranzukommen. Als wir die Hälfte der Etappe erreichen, müssen wir auch wieder im Regen sitzen. Dank unserer Capes geht das sogar. Aber ich bin jetzt schon fertig (wie auf den Fotos auch zu erkennen ist).

Irgendwann haben wir es doch geschafft. Die letzte Höhe ist passiert und wir sehen Fort William. Dennoch liegen noch ca. 6 km flacher Abstieg vor uns. Die Füße brennen, die Knie schmerzen, aber wir haben keine andere Wahl und müssen auch noch mehrere kleine Pausen einlegen, bis wir endlich aus dem Wald auf eine geteerte Straße treten.

Im Wanderführer steht, das frühere Ende des West Highland Way sei erreicht, man habe das offizielle Ziel jedoch 1,5 km ins Stadtzentrum verschoben, weil es mitten im nichts zu unspektakulär sei. Nun gut, 1,5 km schaffe ich auch noch. Also geht es die Landstraße entlang. Sie ist sehr kurvig, so dass ich nicht weit sehen kann. Also eine Kurve. Dann noch eine. Und eine dritte. Und… So geht es weiter, bis ich nicht mehr kann. Ich bin erschöpft. Meine Füße sterben. Ich habe fertig. Aber sowas von. Und dann kommt … noch eine Kurve.

Und dann? Ein Haus. Und noch eins. Juhu, wir erreichen immerhin den Stadtrand Fort Williams. Nur wo ist die Unterkunft? Im schlimmsten Fall am anderen Ende der Stadt. Ich sehe uns in Gedanken Kilometer um Kilometer durch die Stadt irren. Da reicht es mir. Ich platze und bekomme lautstark einen Wutanfall. Ich will, dass wir da sind! Ich will jetzt, dass der Weg zu Ende ist! Ich habe sowas von genug und werde nie wieder wandern gehen!

Mein Begleiter, der ja nun auch nicht weiß, wo genau unser B&B ist, hält eine Fahrradfahrerin an und fragt, ob sie zufällig weiß, wo das B&B ist. Sie schaut und sagt freundlich, wir stünden direkt davor. Uff! Beim Begleiter kommentiert diese Nachricht mit den Worten: „Sei froh, dass du deinen Wutanfall just in dem Moment ausgelebt hast, sonst müsstest du ihn jetzt runterschlucken.“

Na gut. Wir entern erleichtert unser Zimmer, duschen und gehen sofort ins Bett. Wir sind heute 9 Stunden (inklusive Pausen) gewandert. Die längste Etappe des Weges. Wir sind richtig K.O.

Dennoch motiviere ich uns beide, doch noch ins Zentrum zu gehen, um in einem Pub zu Abend zu essen. Schließlich gibt es in dem B&B nichts und die nächste Mahlzeit wäre sonst das morgige Frühstück. Das Zentrum ist ca. 10 Fußminuten entfernt. Wir brauchen doppelt so lange und humpeln beide langsam Richtung Pub. Ingesamt ist es jedoch einen gute Idee gewesen, sich noch einmal aufzuraffen, denn nach dem Essen geht es uns wesentlich besser.

Danach fallen wir todmüde ins Bett.

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